Moin Leute. Ihr wisst ja: "Es ist ganz leicht das Rauchen aufzugeben. Ich habe es schon hundert mal geschafft." (Mark Twain)

Freitag, 23. Dezember 2011

Santa Claus begins

Santa Claus begins

Es soll doch tatsächlich noch immer Leute geben, die behaupten, der Weihnachtsmann sei eine Fantasiegestalt und frei erfunden.
Aber das sind alles Spielverderber, die keine Ahnung haben.
In Wahrheit ist es nämlich so.

  Zu der Zeit, als Cyrenius Landpfleger in Syrien war, gab der damalige Kaiser Augustus den Befehl, dass das ganze Volk sich zählen lassen sollte. Eine wichtige Sache, damit die Leute nicht mehr beim Kindergeld betrügen konnten, und wichtig für zukünftige Kriege; man musste schließlich wissen, mit wie vielen Jungsoldaten zu rechnen war.
Also zogen alle los. Ein jeder in die Stadt seiner Geburt.
Auch ein junges Paar mit Namen Walt, einem Märchenerzähler, und Cola, die selbstgebraute Erfrischungsgetränke am Strand von Akabar verkaufte, machten sich auf den Weg –  Cola war schwanger und stand kurz vor der Niederkunft. 
Als sie in Bethlehem, ihrem Geburtsort ankamen, waren längst alle Hotels und Pensionen belegt. Selbst in den  Ställen  war kein Plätzchen mehr zu bekommen.
Darum ließen sie sich in einem Kaufhaus in der Innenstadt einschließen, wo Cola gegen zwei Uhr dreißig, in der Spielzeug Abteilung, einen kräftigen Jungen zur Welt brachte.
Walt „organisierte“ ein rotes Mäntelchen, eine rote Hose und eine passende Zipfelmütze aus dem Baby – Shop, damit zogen sie den Kleinen an.
Cola hätte zwar lieber eine hellblaue Ausstattung gehabt, aber sie war zu erschöpft, um sich auf lange Diskussionen einzulassen.
Papa Walt wollte ihn „Claus“ , nach seinem Großvater nennen, aber Cola meinte er solle besser einen mehr-silbigen Namen haben. Also nannten sie ihn „Santa Claus“ und wussten beide eigentlich nicht so genau warum. Außer, dass man ganz wunderbar rufen konnte: „ San - ta Claus! Wenn du nicht sofort zu Essen kommst, ziehe ich dir die roten Hosen stramm.“
Der Besitzer des Ladens staunte am nächsten Morgen nicht schlecht, als er die junge Familie beim Frühstück in der Feinkostabteilung überraschte.
Er wollte zuerst die Polizei rufen, aber dann erblickte er das Baby und sah davon ab.
Der Knabe in dem roten Anzug hatte dicke, weiße Locken und einen ebenso weißen Rauschebart. Das verwunderlichste aber an diesem Kind war, dass es nicht schrie oder weinte, wie es Babys im Allgemeinen tun, sondern nur ein tiefes, dröhnendes „ HO, HO, HO“ von sich gab.
Der Ladenbesitzer erkannte sofort welch werbewirksames  Potential sich hier offenbarte. Dieses Kind war eine Sensation, und alle, alle würden in sein Geschäft kommen um es zu sehen. Und alle würden natürlich dafür auch etwas kaufen müssen.
Was war dagegen schon dieser andere Knabe, der in der gleichen Nacht in einem Stall in der Nachbarschaft das Licht der Welt erblickt hatte? Auch wenn zu seiner Geburt extra ein paar angebliche Sterndeuter aus dem fernen Ägypten angereist waren – sollten sie doch.
Ali Ben Gali Ben Wulwort, wie der Ladenbesitzer mit vollem Namen hieß, machte mit Walt und Cola einen Vertrag, schmückte seinen Laden mit vielen Lichtern und Girlanden und gab am kommenden Abend ein gewaltiges Einkaufsfest.
Alis Plan ging auf, und ein Strom von neugierigen Kunden wälzte sich stundenlang durch die Verkaufsräume.
Alle wollten das bärtige Kind sehen, weil es ihnen Glück bringen sollte, und jeder kaufte als Andenken irgend etwas aus Alis Angebot.
Als die Sonne am nächsten Morgen den Wüstensand schon in sanftes Rosa tauchte, hatte auch der letzte Ladenhüter einen neuen Besitzer gefunden, und Ali war ein reicher Mann.
Er gab Walt und Cola den vereinbarten Anteil, nahm ihnen das Versprechen ab, im nächsten Jahr wieder zu kommen und verschwand mit der nächsten Karawane in Richtung Ibiza.
Die junge Familie zog nach Ägypten, wo sie sich am Strand von Alexandria niederließen, was Santa, ganz nebenbei, vor der Mordlust des Herodes bewahrte.
Santas Mutter eröffnete eine Limonadenfabrik in der sie neben allerlei Fruchtbrausen auch etwas herstellte, das es bis dahin noch nie gegeben hatte. Ein dunkelbraunes Gebräu, das aus Wasser, Zucker, Kaffeeextrakt und manch anderen, streng geheimen, Zutaten bestand.
Diesem Getränk gab sie ihren Namen und es machte sie in kurzer Zeit zur reichsten Frau des nördlichen Orients.
Papa Walt konnte sich wegen des Erfolges seiner Frau ganz den Kindergeschichten widmen, die er so gerne erfand.
Er verbrachte seine Tage am Strand, wo er lustige Mäusefiguren in den Sand malte, und den staunenden Kindern die unglaublichsten Abenteuer erzählte.
Sie  lebten herrlich und in Freuden - allerdings nur bis zu Santas erstem Schultag.
Er war ein Sechsjähriger mit grauem Haar und dichtem Bartwuchs, was selbst in Alexandria nur selten vor kam. Zum echten Außenseiter machte ihn allerdings der stets gleiche, rote Anzug, den seine  Mutter ihm alle Jahre wieder neu anfertigen ließ, und sein merkwürdiges „HOHOHO!“, dass ihm zu jeder passenden und unpassenden Gelegenheit heraus rutschte. Kein wirkliches Gelächter, sondern mehr ein Tick, den er sein ganzes Leben lang nicht unter Kontrolle bringen sollte.
Die anderen Kinder hatten ihren Spaß mit ihm. Sie zogen ihn am Bart, warfen seine rote Mütze in den Dreck und schimpften Santa einen „Weihnachtsmann“ - ein Begriff, den sie sich extra  ausgedacht hatten; ein schlimmeres Schimpfwort gab es nicht.
Der kleine Santa Claus kam oft mit blauen Flecken oder einer blutigen Nase nach Hause, und wenn er auch einmal körperlich unversehrt blieb, so hatte der Spott der anderen ihn dennoch wieder schwer getroffen.
Immer wieder schnitt er sich am Abend die Haare und rasierte seinen Bart ab, aber wenn er am nächsten Morgen in den Spiegel sah, war alles wieder nachgewachsen. Auch der rote Anzug blieb, denn seine Mutter sah nicht ein, sich von irgendwem Vorschriften machen zu lassen - es war eine scheußliche Lage in der er sich befand.
Einzig die Mädchen aus seiner Klasse waren freundlich zu ihm und zum Dank brachte er ihnen immer kleine Geschenke mit, denn er kam ja aus reichem Hause.
Das machte die bösen Jungs natürlich noch wütender und ihre Attacken wurden so unangenehm, dass Cola schließlich einen Bodyguard für ihren Sohn engagierte. Ein gewisser Ruprecht.
Ein Kerl der einer Vogelscheuche nicht unähnlich sah und dazu noch schielte wie ein Opossum.
Dieser Ruprecht wurde zum ständigen Begleiter des kleinen Santa und das hielt die meisten der frechen Jungen in Schach. Santa begann sich Notizen über das Verhalten seiner Mitschüler, aber auch aller anderen Kinder im Dorf zu machen. Ein sehr einfaches Bewertungssystem, das nur danach fragte: „Ist`s gutes Kind? Ist`s böses Kind?“
In regelmäßigen Abständen schleppte Santa dann einen Sack mit Süßigkeiten und kleinen Spielzeugen heran, und belohnte damit die braven Kinder. Wenn eines der kleinen Mädchen sich auf seinen Schoß setzte und hübsch „bitte bitte“ sagte, dann zeigte Santa sich noch einmal so großzügig. Eine weitere Schwäche, die er auch nie wirklich ablegen konnte.
Wurde ein Kind nach den Unterlagen als „böse“ befunden, so ging es leer aus, oder bekam eine Handvoll Kohlen geschenkt, was für ausgesprochene Heiterkeit bei den „Braven“ sorgte.
Mit der Zeit wurde Santa Claus auf diese Weise  einer der beliebtesten Bürger von Alexandria. Die Kinder mochten ihn nicht wirklich, aber sie mochten seine Belohnungen. Und die Erwachsenen mochten ihn, weil sie ihrer unerzogenen Brut jetzt nur noch mit  einem „denk an Santa“ drohen mussten, um sie zur Räson zu bringen. Was Santa außerdem so sympathisch machte, war die Tatsache, dass er sich aus den Angelegenheiten der Erwachsenen heraus hielt. Kein Mörder oder Betrüger, kein Despot, Lügner,Ausbeuter oder Kriegstreiber hatte jemals von Santa Claus eine Rüge zu erwarten. Ganz im Gegensatz zu diesem Anderen, der damals ebenfalls in Bethlehem zur Welt gekommen war.
Mit der Zeit wurden durch das Wirken Santas alle Kinder des Dorfes fast schon unheimlich freundlich und folgsam – bis auf einen.
Ein Bursche von etwa zwölf Jahren, mit Namen Tarik bin Ahmed all- Falahi, den aber alle nur Fali nannten, war unbelehrbar und ein offener Gegner von Santa Claus. Bei jeder Bescherung die Santa abhielt tauchte Fali auf und schrie: „He du stinkender Weihnachtsmann, du perverse Sau, du willst doch nur die Mädchen betatschen. Sieh her, was du mit deinen Zuckerstangen machen solltest. Ha, mich wickelst du nicht ein.“
Fali machte ein paar obszöne Gesten, dann holte er ein paar faule Eier hervor und warf  sie nach Santa und Ruprecht. Manchmal traf er, manchmal nicht. Ruprecht versuchte jedes mal ihn zu erwischen, aber Fali war der schnellste Läufer im ganzen Ort. Er lachte nur und feixte über die „lahme Vogelscheuche“, die ihn niemals einholen konnte.
Eigentlich hätten Falis Attacken Santa Claus egal sein können, aber sie zeigten Wirkung. Die Jungen wurden immer frecher, und schienen auch nicht mehr so scharf auf die Süßigkeiten zu sein -  was Santas guten Ruf bei den Eltern beeinträchtigte. Viel schmerzhafter war allerdings, dass die Mädchen nicht mehr so unbefangen auf seinen Knien Platz nehmen wollten wie zuvor. Eines Tages verschwand Fali.
Zu Anfang blieb man gelassen, denn man nahm an, es wäre nur wieder einer seiner Streiche und er würde wieder auftauchen, wenn die ganze Stadt erst ordentlich in  Aufruhr geraten war.
Ein Tag verging, dann zwei, aber als Fali am dritten Tag noch immer verschwunden blieb war es mit der Gelassenheit vorbei.
Seine Eltern und Verwandten, aber auch andere Bewohner Alexandrias bildeten Suchtrupps und schwärmten in die nähere und weitere Umgebung aus. Sie suchten lange, sie suchten gründlich, aber sie fanden ihn nicht.
Erst war ein großes Trauergeschrei zu hören, aber dann begann es überall in der Stadt zu flüstern und zu raunen. Man warf sich vielsagende Blicke zu, wenn Santa und Ruprecht auf der Straße gingen. Es war klar, wen die Leute mit Falis Verschwinden in Verbindung brachten – auch wenn es dafür keinerlei Beweise gab.
Immer weniger Kinder kamen zu den Bescherungen, die Santa Claus abhielt, aber immer öfter kamen faule Eier in seine Richtung geflogen, auch wenn der Werfer sich nicht zu erkennen gab.
Die Situation spitzte sich zu und so beschloss Mutter Cola, dass sie Alexandria verlassen mussten, um anderswo in Frieden ihren Geschäften nachzugehen. Diese  Möglichkeit ergab sich bald.
Cola erfuhr von einem Mann namens Clark Kent, einem Außerirdischen, der als Supermann sein Geld verdiente. Dieser Mr.Kent wollte für relativ kleines Geld seine „Festung in der Einsamkeit“ verkaufen. Ein Domizil mitten im ewigen Eis der Arktis. Ihm waren die weiten Wege zur Arbeit einfach zu lästig geworden. Cola nahm Kontakt zu ihm auf und man wurde sehr schnell handelseinig. Die junge Familie kaufte die Festung mit allem Inventar und Supermann mietete sich ein Zimmer im New Yorker YMCA. Hier würde er Kost und Logis für die nächsten dreitausend Jahre haben – eine angenehme Vorstellung für einen ängstlichen Charakter wie ihn.
Santa und seine Eltern zogen in die Eisfestung, engagierten eine Unzahl ortsansässiger Kobolde und Trolle, und ließen das gewaltige Anwesen nach ihren Vorstellungen umbauen.
Für Cola wurde unter dem Eis die größte Getränkefabrik der Welt gebaut. Santa errichtete ausgedehnte Fabrikationsanlagen, die jedes nur denkbare Spielzeug und auch den ausgefallensten Weihnachtskitsch herstellen konnte. Walt bekam ein Produktionsstudio in dem er Werbekampagnen entwarf, aber auch an Bildergeschichten arbeitete, die irgendwann ebenso berühmt wurden, wie die Softdrinks seiner Frau.
All dies war natürlich nur möglich durch die außerirdischen Technologien, die ihnen Mr. Kent hinterlassen hatte. Woher hätten sie wohl sonst den fliegenden Schlitten und alles andere nehmen sollen?
Man schrieb immerhin erst das Jahr 15, nach diesem „Sowieso“.
An einem freundlichen Sonntag Nachmittag des Jahres 20 n. Chr., der unter dem ewigen Eis genauso wenig wahrnehmbar war, wie jeder andere, fand Santa ein Fläschchen mit grünem Kryptonit. Er hielt es für eine Art Kandis und tat es in seinen Kakao. Die Wirkung war erstaunlich. Innerhalb von Minuten alterte Santa um vierzig bis fünfundvierzig Jahre , wurde fett wie ein Walross und sein roter Anzug wuchs an ihm fest, genau wie das blau-rote Dress an Supermann.
Wie die beiden den täglichen Gang zur Toilette bestreiten ist nicht weiter überliefert, und geht uns eigentlich auch gar nichts an.
Das Kryptonit hatte allerdings noch eine weitere, ganz erstaunliche Wirkung. Es machte Santa nicht unverwundbar und stattete ihn auch nicht mit Hitzeblick und Superpuste aus, aber es verlangsamte seinen Stoffwechsel um das Hundertfache. Somit konnte er hundert mal so alt werden, wie jeder normale Mensch - und er musste nur drei mal im Jahr auf`s Klo. Eine tolle Sache.
So wurde Santa zu einer immer noch lebenden Legende, und wer mir das nicht glaubt, braucht nur mal den Fernseher einzuschalten.
Da könnt ihr ihn jedes Jahr sehen, wie er eine eiskalte Flasche an die Lippen hebt, und die wundersame Brause seiner Mutter trinkt.
Einzig die Ungerechtigkeit hat verhindert, dass man das aktuelle Jahr nicht als 2012 n.Santa nennt.
Und das ist wirklich Schade. 







Bis zum nächsten Jahr
Euer Janek



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